Fr 08. & So 10. Sept 2023
Die Geister der Haie aus Miami / The Ghosts of the Sharks from Miami

ENGLISH TRANSLATION BELOW

DE

„Eine Oase zum Atemholen. Eine Insel der Lebensfreude. Wünschen Sie sich etwas und erleben Sie die Erfüllung. Denn es gibt kaum etwas, was es nicht gibt, in der Freizeitstadt. Eislaufen, irgendetwas essen, ins Kino gehen, spielen, einen Sound anhören, schwimmen, in der Sauna schwitzen, ein paar Diamanten auswählen, oder auch nur eine Zeitung kaufen. Im Vorbeischlendern kann man an den malerischen Ständen und in kleinen Läden allerlei Nützliches und Nettes für den Alltag zu günstigen Preisen kaufen. Tiere im Mini-Zoo, einen neuen Bestseller oder einen verrückten Modegag. Jeder Quadratmeter ist eine Verführung. Modebewussten Schwabyloniern wird ein großes englisches Modezentrum bereits am Eingang zum Verhängnis. Schwabylon lohnt sich, weil das Leben sich lohnt.“1

Ich treffe mich mit Max Zeidler im Zwischengeschoss der U-Bahn-Haltestelle Münchner Freiheit. Münchner Freiheit. Ich mag den Namen und seine vielen geschichtlichen Ebenen. Ich mag auch die 2008/09 von Ingo Maurer neugestaltete U-Bahnstation, die neongelben Wände und verspiegelten Decken, die blau angeleuchteten Pfeiler, mit den eh meistens großartigen, für die Münchner U-Bahn typischen Keramikfließen. Erbaut wurde die Haltestelle Münchner Freiheit als einer der ersten vier-gleisigen U-Bahnhöfe, der 1971 als Teil der „Olympialinie“ in Betrieb ging. Ich mag dort diesen unterirdischen Zugang zum Karstadt und auf der anderen Seite den Weg durch den langen Shopping-Tunnel Richtung Norden raus auf dieses steinerne Forum, das ganz auf Sperrengeschosshöhe eingegraben wurde. Es gibt in diesem hübsch brutalistischen Krater einen krass lauten, genauso brutalistisch betonierten Brunnen, dazu immer wieder vereinzelte, versteckte Sitzgelegenheiten auf unterschiedlichen Niveaus, es gibt paar wenige, aber sehr urban verlotterte, große Büsche, es gibt Supermärkte, Restaurants, einen Blumenladen, kaum Schatten und eine ewig lange Rampe, die aus dem Krater hinter der U-Bahnstation am Ende wieder hoch auf Erdoberflächenniveau führt.

„I feel love l feel love I feel love I feel love…“ tönt es aus der Bluetooth-Box, die sich Max über den Rücken geworfen hat. Ich laufe ihm hinterher durch grauen Münchner Nieselregen, von der Münchner Freiheit weiter Richtung Norden. Die Münchner*innen sind immer noch stolz, dass Donna Summer 1977 ihren größten Hit I Feel Love zusammen mit dem Musikproduzenten Giorgio Moroder in ihrer Stadt aufgenommen hat. Moroder hat für dieses Stück nur elektronische Instrumente verwendet und als „Sound der Zukunft“ konzipiert. So klang mal eine Zukunft, die doch eigentlich nur in Science-Fiction-Romanen und Filmen stattfand – aber jetzt auf einmal auch in der Disco und im Radio.

Neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer einer Kommunikationsagentur für soziale Nachhaltigkeit, organisiert Max Zeidler Stadtführungen.2 Die Tour, auf der ich ihm heute folge, trägt den Titel Pop, Architektur, München in den 1970ern und das traurige Heute – eine Erkundung in Nord-Schwabing. Schon bald wird klar, wie sehr Max auch persönlich mit der Geschichte des Viertels verbunden ist. Zum einen war die Agentur, die Max von seinem Vater übernommen hat, in den 70ern als PR-Firma unter anderem für das dort ansässige Schwabylon tätig. Zum anderen setzte sich Max lange für den Erhalt der Disko Yellow Submarine ein und gründete eine Bürgerinitiative, die heute an dieser Stelle ein Disko-Denkmal fordert.3

Auf unserem Weg dahin, wo sich früher das Yellow Submarine befand, laufen wir an anderen wegweisenden Architekturen der 70er vorbei. Am Fuchsbau zum Beispiel oder am Tantris und dem dahinter befindlichen Hochhaus. Orpheus und Eurydike sehen wir nur aus der Ferne. München in den 70er Jahren war geprägt von den Olympischen Spielen 72. Die Zukunft stand schon in der Tür und Vergangenes sollte endlich vergangen sein. Weg vom ganzen Nazikram, weg von der „Hauptstadt der Bewegung“, hin zu einer weltoffenen, modernen Großstadt. Auch die Architektur sollte das alles widerspiegeln, neu und zugänglich sein, auf vielfältigste Bedürfnisse zugeschnitten, an demokratischen Idealen orientiert.

Die Stadt war ein wichtiger Industriestandort im Nachkriegsdeutschland und wuchs irre schnell. 80.000 Wohnungen fehlen, es werden ganze Stadtteile angebaut. Neuperlach, Hasenbergl, Euro-Industriepark entstehen. Das U-Bahn-Netz wird gebaut (Eröffnung 19. Oktober 1971) und das S-Bahn-Netz inklusive Stammstreckentunnel. Bei beiden Bauvorhaben wurden die Deadlines um Jahre vorverlegt, um eine Fertigstellung bis zu den Olympischen Spielen zu garantieren. Es klingt, als wäre die Stadt damals in den Zeitraffer-Modus versetzt worden.

Strahlendes München sagt auch das Logo von Olympia 72, das ausschaut wie ein spiralförmig in sich eingedrehter Siemensstern mit leerer Mitte. Der hauptverantwortliche Gestalter Otl Aicher entwirft neben den Piktogrammen und großartigen Postern einen bunten Dackel als Maskottchen, den Olympia-Waldi und zusammen mit dem Designer André Courrèges mehrere Uniformen, darunter ein reduziert space-ageiges Dirndl und eine vom gleichen Hellblau dominierte Polizeiuniform zu der die cuten Polizist*innen ein weißes Hemd mit ganz arg spitzem Kragen, aber keine Waffe tragen.

Max erzählt mir von dem Begriff der Freizeitgesellschaft, der ab den 60ern in der BRD ein großes Versprechen darstellte. Weil davon ausgegangen wurde, dass Maschinen in Zukunft den Menschen die Arbeit abnehmen würden, würde mehr und mehr Zeit frei für Aktivitäten, die nicht von Arbeit bestimmt sind. Alle Menschen würden in Wohlstand leben. Für diese kommende Freizeitgesellschaft mussten Orte geschaffen werden, an denen all die freie Zeit und all das Geld verschwendet werden konnten.

Genau dafür wurde das Einkaufs- und Vergnügungszentrum „Schwabylon“ gebaut, der Entwurf einer Freizeitstadt, initiiert von dem Immobilienunternehmer Otto Schnitzenbaumer und finanziert mit Hilfe von 5.500 Anleger*innen der Hessischen Landesbank. Auf einer 52.000 Quadratmeter großen Brachfläche nördlich der Münchner Freiheit sollte für die Spaßgesellschaft der Zukunft ein Bau entstehen, „der dem modernen Menschen einen künstlichen Lebensraum bieten und Freizeit als ausschweifende Gesamtaktivität ermöglichen wird.“4 SCHWABYLON stand in Großbuchstaben an dem futuristischen, pyramidenähnlichen, fensterlosen Bau, dessen ganze Fassade mit einer gigantischen orangerotgelbschwarzen Sonne bemalt wurde. „Hier soll die funktionale Zweckarchitektur durch einen übergeordneten künstlerischen Eingriff entfremdet und humanisiert werden“, verkündete der Architekt Justus Dahinden.5 Im Inneren gab es keine Treppen, wird oft erwähnt, die Zukunft ist barrierefrei! Ich kann über Rampen zu Büros, Wohnungen und Ateliers rollen oder laufen, zu hundert Läden, zwölf Restaurants, einem Biergarten, einer Spielhalle, einem Solarium, einem geheizten Schwimmbad und direkt daneben sind Eislaufhalle, Sauna und römische Therme, Cafés, eine Galerie, ein Marktplatz für Modenschauen, Boxkämpfe, Konzerte, Flohmarkt, Kinderspielplätze, Experimentaltheater, Spielhalle, Turn- und Gymnastikhalle, künstlich temperierte Tropengärten. Wünschen Sie sich etwas und erleben Sie die Erfüllung!

Schwabylon ist ein Kofferwort aus Schwabing und Babylon. Bisschen bescheuerter Humor, denke ich. Der Begriff geht auf den Roman Schwabylon oder Der sturmfreie Junggeselle (1921) des Satirikers Roda Roda (Sandor Friedrich Rosenfeld, 1872–1945) zurück. Der Begriff verbindet Schwabing, das Künstler*innen- und Bohémeviertel, das es lange vor meiner Zeit angeblich mal in München gab und auf das hier immer und immer wieder zurückgegriffen wird, marketingtechnisch meist, und eben Babylon, die biblische Stadt, die erzählt wurde als Ort des Exzesses und Größenwahns, das im Babylonischen Turm kulminiert und scheitert.

Zur Freizeitstadt gehörte außerdem ein Apartmenthaus mit 800 Wohneinheiten, ein Bürocenter, ein Ärztezentrum und das Hotel Holiday Inn mit 600 oder 700 Betten und 1000 Kongressplätzen und 1200 Parkplätzen, einem Laufsteg, einer Simultanübersetzungsanlage und und und. Alles hochmodern. Über einen Verbindungsgang kam man von dort ins Yellow Submarine, die Haifischdisko im Wassertank, die wie das Interieur eines U-Boots aussehen sollte.Vor den Fenstern schwammen 30 oder 36 oder 40 Haie, die extra aus Miami eingeflogen worden waren. Weil die Farbe im Tank noch nicht trocken war, wurden sie erst mal in der Tiefgarage in Wannen zwischengelagert. Woanders lese ich außerdem von Riesenschildkröten, die oft gar nicht erwähnt werden. Die Tiere schwammen in 650.000 Litern Meerwasser und verzehrten 500 DM pro Tag an Futtermittel. Das alles würde heute so gar nicht mehr gehen. Auf ganz vielen Ebenen.

Und auch damals ging es nur kurz. Im Schwabylon kündigten schon sehr bald die ersten Ladenbetreiber*innen aufgrund fehlender Umsätze. Nach einem Jahr sind die meisten Läden leer, die Lichter in den oberen Stockwerken aus. Als der kleine Mirko Hecktor6 seine Eltern doch mal überreden konnte, in dieses Ding reinzugehen, das die riesige Sonne drauf hatte, lagen da laut ihm nur noch ein paar „Penner und Hippies“ rum und schliefen. Ich stell mir das eigentlich als die „wahrste“ Version des Schwabylons vor. Noch nagelneu und schon verlassen, die Geschäfte leer, die Lichter nur noch vereinzelt an, nichts kaufen, nur schlafen, auf den weichen Teppichen der 70er Jahre, im fensterlosen Bauch der untergehenden Sonne der Freizeitgesellschaft. Vierzehn Monate nach der Eröffnung schloss die Shoppingmall dann endgültig. Das Projekt war tatsächlich so spektakulär gescheitert, wie es ausgedacht war. Nostalgisch verklärend heißt es manchmal, es wäre den Münchner*innen einfach zu avantgardistisch gewesen. Aber ausnahmsweise war das wahrscheinlich nicht der ausschlaggebende Grund dafür, dass in München wieder mal was nicht funktioniert hat. Der Unternehmer*innentraum war von Anfang an so schöngefärbt wie seine Fassade: die Kalkulationen waren wohl nicht richtig. Otto Schnitzenbaumer verließ 1974 gerade noch rechtzeitig die sinkende Pyramide, die Anleger*innen der Hessischen Landesbank fühlten sich geprellt. Die zweifelhafte Beteiligung der Hessischen Landesbank an diesem und anderen spekulativen Immobilienprojekten führte 1976 schließlich sogar zum Rücktritt von Albert Osswald, dem damaligen hessischen Ministerpräsidenten (SPD) und Verwaltungsratsvorsitzenden der Landesbank.7 Schon ein paar Jahre später, 1979, wurde das Schwabylon, peinlich berührt, wieder abgerissen.

In unmittelbarer Nähe davon befindet sich heute das Schwabinger Tor, eine gegenwärtige Vision vom zukünftigen, urbanen Zusammenleben, die das Immobilienunternehmen Jost Hurler Gruppe entwickelt hat. Auf dem 42.000 Quadratmeter umfassenden Areal entstanden zwischen 2013 und 2019 insgesamt neun Gebäude, in denen 21.000 Quadratmeter Büroflächen, 7.400 Quadratmeter für Einzelhandels- und Gastronomiebetriebe, 210 Wohnungen8, sechs Künstler*innenateliers, sowie ein Luxushotel mit 277 Zimmern, Spa, Kongressbereich und „Münchens höchste Rooftop Bar“ untergebracht sind.9

Die Außenbereiche sind autofrei, unter dem Gelände befinden sich mehrere Tiefgaragen. Der Platz an der Oberfläche wird für einen Wochenmarkt, „Münchens einzige private Trambahnhaltestelle“10 und Spielplätze genutzt. In ihrer Gestaltung werden Kunstwerke der Schwabinger Bohème zitiert. Der Tramplatz ist bedeckt von einer Pflasterung mit unterschiedlichen Texturen und unregelmäßiger Linienführung, die einer Malerei von Paul Klee nachempfunden ist, jedoch ohne dessen Farbigkeit aufzugreifen. Der Graue Reiter. Auch die Anordnung der Hecken beim Spielplatz am südlichen Ende des Quartiers orientiert sich lediglich an der Formensprache einer Farbstudie von Wassily Kandinsky. Solche Bezugnahmen auf die Schwabinger Bohème, wie auch der Name Schwabinger Tor, sind nicht zuletzt narrative Mittel, um dem Komplex etwas mehr Kulturgeschichte und Innenstadt-Flair zu verleihen, als es die geographische Lage für sich alleine erlauben würde.11

„Beseelt wird das Schwabinger Tor durch ein besonderes Lebensgefühl: Errichtet auf dem Leitmotiv‚Talente. Teilen. Toleranz.’ wird der Sharing-Gedanke in vielen Facetten gelebt. ‚Sharing‘ wird zur neuen Ethik im Konsumverhalten und wird unsere Gewohnheiten – sowohl privat als auch beruflich – nachhaltig verändern. Das Schwabinger Tor gibt dieser gesellschaftlichen Entwicklung schon heute einen Ort. Hier treffen Bewohner wie Besucher Gleichgesinnte, die gemeinsam mit ihnen den verantwortungsvollen Weg des Teilens leben möchten.“12

Das klingt schon sehr anders als das Schwabylon. Unter Sharing sind Dienstleistungsangebote wie Co-Working Space, Car- und Bikesharing zu verstehen, oder eine Nachbarschafts-App, über die die Bewohner*innen miteinander chatten, Anfragen an die Hausverwaltung stellen oder die Hausordnung downloaden können.
Die Jost Hurler Gruppe ist sehr bemüht darum, den Vorwurf zu entkräften, mit dem Schwabinger Tor ein weiteres dröge vor sich hin gentrifizierendes Luxusviertel geschaffen zu haben. Es gehe nicht um eine möglichst effiziente Profitmaximierung, sondern um langfristige, verantwortungsbewusste Bestandshaltung.13 Der Firmensitz befindet sich hier, die Vermietung der Wohnungen und Geschäftsflächen übernimmt die Jost Hurler Gruppe selbst. So möchte man* Leerstand verhindern und der in der Firmenphilosophie verankerten Vorstellung eines lebendigen, zukunftsprägenden Stadtquartiers mit der Zeit immer näher kommen.14

Von den 210 Wohnungen haben 32 eine soziale Bindung entsprechend der Einkommensorientierten Förderung15 oder dem München Modell16, was den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestanforderungen von 15% entspricht.17 Auf der Website heißt es, dass die Wohnräume in Hinblick auf „Vielfalt und Durchmischung unterschiedlichster Menschen“18 konzipiert wurden. Wenn ich das richtig verstehe, beinhaltet das auch unterschiedliche Preis-Niveaus. Ich finde aber keine Angaben dazu, in welchem Verhältnis hier Luxusapartments und ungebundene Wohnungen auf Niveau des Mietspiegels (oder vielleicht sogar darunter?) entstanden sind. Bei den sechs aktuell auf Immoscout eingestellten Wohnungen beträgt die Kaltmiete jedenfalls zwischen 27 und 33 Euro pro Quadratmeter.19 Auch unter den Geschäften im Quartier sehe ich außer einer Bäckerei, einem Supermarkt und einer Drogerie tendenziell eher hochpreisige Angebote: eine Boutique für Brautmode, Showrooms großer Modemarken, ein Virtual Reality Escape Room, Zahnschienen aus dem 3D-Drucker (bezahlbar im Abo-Modell) oder ein Spinning Studio (660,– € für die dreimonatige Mitgliedschaft). Außerdem mehrere „Fine Dining“-Restaurants, die sich die Werte der Urbanität und des Sharings auf die Fahne schreiben. In einem Café im niedrigeren Preissegment, einem „erfrischend konzipierten Deli-Restaurant“20 bekomme ich bei einem Spaziergang durchs Quartier Ofenkartoffeln aus der Mikrowelle.

Beim Sharing geht es auch um Vernetzung, Nachhaltigkeit, Vielfalt und Innovation: eine neue Urbanität eben. Um dieses Ideal zu konkretisieren, wurde von 2020 bis 2021 die Podcast-Reihe Das Tor zur urbanen Zukunft veröffentlicht, in der Akteur*innen aus Architektur, Kommunalpolitik, Stadtplanung, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur verschiedene Perspektiven zur Zukunft städtischer Räume einbringen, sei es am konkreten Beispiel des Schwabinger Tors oder auch darüber hinaus. In einer Folge ist die Journalistin Nicole Graner zu Gast, die seit ihrer Kindheit in der Nähe des Areals lebt. Sie spricht darüber, dass durch das Schwabinger Tor fußgänger*innenfreundliche Verbindungswege zwischen den Nachbarschaften östlich und westlich der Leopoldstraße geschaffen wurden, die lange Zeit durch eine Industrieschneise voneinander getrennt waren. Sie erwähnt auch, dass der Schwabinger Bach seit der Umgestaltung wieder oberirdisch durch eine Grünanlage verläuft, womit ein Ort entstanden ist, der ohne Konsumzwang genutzt werden kann. Dennoch würde das Schwabinger Tor vor allem ein reiches Klientel anziehen: „Ich sehe jetzt sehr oft auch in meiner Straße die ganz tollen Autos parken.“21 Um sich das Geld für die Tiefgarage zu sparen, wird der Lambo dann halt doch in der Nachbarschaft abgestellt, wenn es zum Fine Dining ins autofreie Quartier der Zukunft geht. Eine Oase zum Atemholen. Eine Insel der Lebensfreude.

Okay,
lol :)

Aber es ist halt auch so: mit jedem weiteren Luxus-Neubau-Projekt wächst auch meine Angst, nicht mehr lange in dieser Stadt leben zu können, mir diese Stadt nicht mehr leisten zu können. Alles wird hyper-emotional, weil existenziell. Ständig brennt dann mein Gehirn durch und die Finger tippen wütendste oder je nach Perspektive, zynischste, in jedem Fall aber super dystopische Spekulationen einer zukünftigen Stadtgesellschaft in den Computer. Hyperkapitalismus mit zunehmend sozialer Ungleichheit trifft auf Klimakrise trifft auf einen militärisch hochgerüsteten, zunehmend autoritären, zunehmend völkischen Staat. Ich versuche ruhig zu bleiben, versuche tief Luft zu holen, versuche viel Vertrauen in meine Mitmenschen zu haben, also die, die ich nicht persönlich kenne, versuche immer wieder enttäuschtes Vertrauen in die Wehrhaftigkeit und Lernfähigkeit der Demokratie neu aufzubauen, spreche und tanze mit fremden Menschen, schaue süße Tiervideos, fahre in den Wald, liege am Fluß in der Sonne und schalte das Handy aus. Später dann lösche ich diese Absätze im Text wieder. Jedes Mal. Aber die Furcht bleibt. Emotional, weil existenzielle Bedrohung – rational, irrational, egal – die Furcht bleibt, schläft, versteckt sich nur. Was soll ich tun, wenn ich mir meine Wohnung nicht mehr leisten kann? Weil die Mieten weiter steigen und die Löhne weiter gar nicht?

Hier an dieser Gegend in Nordschwabing interessieren mich die über die Jahrzehnte hinweg formulierten Entwürfe von Zukunft und die materiellen Spuren, die sich davon ablesen lassen. Und wie diese Zukunftsvorstellungen eigentlich mehr von der jeweiligen Gegenwart erzählen, von den jeweils gegenwärtigen Problemen und Wünschen, als jetzt eine wirklich neue Zukunft zu denken. Städtebaulich ging hier Zukunft auch immer mit dem Wunsch nach Verbesserung einher. Nicht nur bessere Rendite, schon auch sehr explizit besseres Leben, das gute Leben vielleicht sogar. Die spektakuläre Dekadenz der Freizeitstadt, die großspurig behauptet, dass alle mitmachen können und sogar Tierquälerei zuallererst mal Fun ist, hat sich rasend schnell verbraucht und ist einem Höllenkater gewichen. Heute, wo sich endzeitliche Ernüchterung breitmacht, erlaubt man* sich solche Exzesse nicht mehr, zumindest nicht in der Öffentlichkeit. Das heißt nicht, dass man* sich nicht auch mal was gönnen würde, aber Genuss wird im Nützlichen gesucht und jeder Luxus muss positive Nebeneffekte bringen.

Dennoch überlagern sich die Entwürfe der Freizeitstadt und des Schwabinger Tors. Auch wenn sie sich in ihren Erzählungen anders darstellen, handelt es sich bei beiden um unternehmerische Immobilienprojekte. Die teuren, utopischen Fantasien müssen sich also der kapitalistischen Logik von Effizienz und Profitsteigerung unterordnen. Die konsumbefreiten Flächen im Schwabylon wurden noch in der Planungsphase beschnitten, um zusätzliche Ladenflächen vermieten zu können. Weil die Standards der Wohnungen im Schwabinger Tor die gesetzlichen Anforderungen an Sozialwohnungen übersteigen, lohnt es sich aus unternehmerischer Sicht nicht, mehr als die vorgeschriebene Quote zu erfüllen.22

Nördlich des Schwabinger Tors ragt ein Apartmentturm in den Himmel, der noch aus der Zeit des Schwabylon übrig geblieben ist. Dem Ideal der offenen Stadt entsprechend ist die Eingangstür unverschlossen. Ich betrete das Gebäude und nehme den Aufzug ganz nach oben bis ins 20. oder 80. oder meinetwegen auch 3000. Stockwerk. In jede Richtung kann ich aus einem Fenster am Ende des Flurs über die ganze Stadt blicken. Ich trete hinaus auf einen kleinen Gemeinschaftsbalkon. Ein kleiner Plastiktisch mit Edding bekritzelt, darauf ein Aschenbecher. Graue Nebel, Autoscheinwerfer, Ampeln, Häuser und Straßen im Regen. In alle Himmelsrichtungen sich ausdehnend eine unendliche Schwabing World, Gegenwart gerastert von einem Taubennetz, oder doch ein spaceig fluoreszierendes pinkes Grid? Grelle Sterne blitzen, this is the sound of the future, this is the moderne Stadt der Zukunft –
My name is Ruine München /
But everybody calls me: Ruine
~~. ~ ~ ~ ~. ~



 Hinten überm Horizont dann, wie ein Mond, kreist die Erde, zerbrechlich-sanft im blaugrünen Schein, vor schwarzer Leere. Unten auf der Straße ziehen silberne Rückenflossen ihre Bahnen knapp übers graue Pflasternebelmeer. Ihre Schatten gleiten über die blubberigen Kandinsky-Zitate und die scheuen Klee-Formationen. 30, 36 oder 40 Geisterhaie, elegant und grau und still, kaum auszumachen. Warme, weiche Synthwaves vergangener Zukunft.

„The sun machine is coming down /
And we’re gonna have a party /
The sun machine is coming down /
And we’re gonna have a party /
The sun machine is coming down“


(Ruine München, September 2023)


1 Werbetext für das Schwabylon zitiert nach: Benedikt Mahler und Sophia Glasl, Die Ruinenbaumeister. Verwehte Luftschlösser und zerstörte Superbauten, in: Bayerisches Feuilleton, München: Bayern 2 (04.06.2021). https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/bayerisches-feuilleton/die-ruinenbaumeister-verwehte-luftschloesser-und-zerstoerte-traeume104.html [Letzter Zugriff am 29.08.23].

2 https://www.stadtfuehrer-max.de/ [Letzter Zugriff am 29.08.23].

3 Das Denkmal soll idealerweise in Form eines soziokulturellen Zentrums, als Raum einer “Kultur von unten, Kultur für alle“ verwirklicht werden. www.facebook.com/yellow.sub.muenchen Eintrag vom 15.06.2023, sowie für allgemeine Infos zur Initiative: www.yellowsub.dance [Letzter Zugriff am 29.08.23].

4 Mahler und Glasl, Die Ruinenbaumeister.

5 Reinhard Bauer, Schwabylon, in: ders. (Hrsg.), Schwabing im Wandel der Zeit, Olching: WIKOMmedia Verlag für Kommunale- und Wirtschaftsmedien GmbH (2019), S. 96.

6 Autor, Herausgeber, DJ, Musikproduzent, Choreograph, ehemaliger Balletttänzer, Local Celebrity.

7 c/o now, Rollerball Bavaria oder Vom Pflug zum Haifischbecken zur Hochpräzisions-Produktionsstraße der Strauß-Moderne, in: Stephan Trüby, Verena Hartbaum, University of Looking Good, c/o now (Hrsg.), Bayern, München – 100 Jahre Freistaat. Eine Raumverfälschung, Paderborn: Wilhelm Fink Verlag (2019), S. 242.

8 Kathrin Schirmer, Jost Hurler Gruppe – das „Schwabinger Tor“, in: Reinhard Bauer (Hrsg.), Schwabing im Wandel der Zeit, Olching: WIKOMmedia Verlag für Kommunale- und Wirtschaftsmedien GmbH (2019), S. 106 – 107.

9 https://www.hyatt.com/andaz/de-DE/mucaz-andaz-munich-schwabinger-tor [Letzter Zugriff am 23.08.2023].

10 https://www.jost-hurler.de/de/taetigkeitsfelder/urban-spaces.html [Letzter Zugriff am 28.08.2023].

11 Das historische Schwabinger Tor der zweiten mittelalterlichen Stadtmauer befand sich etwa 3,5 Kilometer weiter südlich, ungefähr dort, wo heute die Feldherrnhalle steht. Es wurde 1817 auf Anordnung von Ludwig I. abgerissen, um Platz für die von Leo von Klenze entworfene Anlage Odeonsplatz mit Ludwigstraße zu schaffen. https://de.wikipedia.org/wiki/Schwabinger_Tor [Letzter Zugriff am 24.08.23].

12 https://www.schwabinger-tor.de/we-are/sharing/ [Letzter Zugriff am 29.08.23].

13 https://www.jost-hurler.de/de/taetigkeitsfelder/urban-spaces.html [Letzter Zugriff am 28.08.23].

14 Stefan Mühleisen, „Wir wollen keine Monokultur“, in Süddeutsche Zeitung, Lokalnachrichten Schwabing West (29.08.2016), https://www.sueddeutsche.de/muenchen/schwabing-wir-wollen-keine-monokultur-1.3140155 [Letzter Zugriff am 29.08.2023].

15 „Die Förderung von Mietwohnraum in der staatlichen EOF besteht aus zwei Darlehen und verschiedenen Zuschüssen für die Bauherr*innen sowie einem laufenden, einkommensabhängigen Zuschuss zur Wohnkostenentlastung für die begünstigten Haushalte. Die Antragsteller*innen haben i.d.R. eine 40-jährige Belegungsbindung; eine Verlängerung für auslaufende Belegungsbindungen ist möglich.“ https://stadt.muenchen.de/dam/jcr:41e938d2-c5b7-4969-8e74-be12ff618040/2023_EOF_Infoblatt%20Stand%2005.05.2023.pdf [Letzter Zugriff am 24.08.23].

16 „München gehört zu den teuersten Städten Deutschlands. Deshalb hat die Landeshauptstadt München das kommunale Förderprogramm ‚München Modell‘ ins Leben gerufen, um bezahlbaren Wohnraum für Haushalte mit mittlerem Einkommen zu schaffen. München Modell Wohnungen kosten mehr als staatlich geförderte Wohnungen („Sozialwohnungen“), sind aber günstiger als Wohnungen auf dem freien Mietmarkt.“ https://stadt.muenchen.de/service/info/soziale-wohnraumversorgung/1080518/ [Letzter Zugriff am 24.08.23].

17 Die Gewerbeflächen fließen nicht in die Kalkulation mit ein.

18 https://www.schwabinger-tor.de/location/wohnen/ [Letzter Zugriff am 28.08.23].

19 https://www.immobilienscout24.de/anbieter/profil/quartier-acht-exklusive-immobilien/quartier-acht-exklusive-immobilien [Letzter Zugriff am 24.08.23].

20 https://www.schwabinger-tor.de/locations/cafe-m/ [Letzter Zugriff am 28.08.23].

21 https://www.schwabinger-tor.de/podcast/ [Letzter Zugriff am 28.08.23].

22 Stefan Mühleisen, „Wir wollen keine Monokultur“, in Süddeutsche Zeitung, Lokalnachrichten Schwabing West (29.08.2016), https://www.sueddeutsche.de/muenchen/schwabing-wir-wollen-keine-monokultur-1.3140155 [Letzter Zugriff am 29.08.2023].

23 David Bowie, Memory of a Free Festival (1969/2015), https://www.youtube.com/watch?v=SVF8V4VKSX8, [Letzter Zugriff am 29.08.23].

EN


“An oasis to take your breath away. An island of joie de vivre. Make a wish and experience the fulfilment. Because there isn’t anything you can’t have in the city of leisure. Ice skating, eating something, going to the movies, having fun, listening to music, swimming, sweating in the sauna, picking out some diamonds, or even just buying a newspaper. Strolling around you can buy all sorts of exciting and useful things for everyday life at reasonable prices at the picturesque stalls and small stores. Animals in a mini-zoo, a new bestseller or a freaky fashion gimmick. Every square meter is a seduction. The fates of all fashion-conscious Schwabylonians are sealed from the get go by a large English fashion centre near the entrance.”1

I meet Max Zeidler on the mezzanine floor of the Münchner Freiheit train station. Munich Freedom. I like the name with its many historical layers. I also like the subway station redesigned by Ingo Maurer in 2008/2009, the neon yellow walls and mirrored ceilings, the pillars illuminated in blue with the very often, very great ceramic tiles typical of the Munich subway. Built as one of the first four-track subway stations, the Münchner Freiheit station went into service in 1971 as part of the Olympic Line. I like the underground access to Karstadt there, and on the other side the way through the long shopping tunnel north out onto the stone forum, dug all the way down to barrier level. In the pretty brutalist crater there’s a blatantly loud, equally brutalist concrete fountain, as well as some sporadic, hidden seating areas at various levels. There are a few very urban, dilapidated, large bushes, some supermarkets, restaurants, a flower store, barely any shade and a very, very long ramp that leads out of the crater behind the train station, back up to the surface.

“I feel love l feel love I feel love I feel love…” comes out of the bluetooth box that Max has thrown over his back. I run after him through the grey Munich drizzle from Münchner Freiheit further north. The people of Munich are still proud that Donna Summer recorded her biggest hit I Feel Love with music producer Giorgio Moroder in their city in 1977. Moroder recorded the song using only electronic instruments with the intention to create the “sound of the future”. At the time that kind of future only took place in science fiction novels and movies – and then all of a sudden it was in discotheques and on the radio.

In addition to his work as managing director of a communications agency for social sustainability, Max Zeidler organises city tours.2 The tour I’m following him on today is called Pop, Architecture, Munich in the 1970s and the Sad Present – an Exploration of North Schwabing. It soon becomes clear how much Max is personally connected to the history of the neighbourhood. For one thing, the agency Max inherited from his father was active in the 1970s as a PR firm for, among other things, Schwabylon, which was located nearby. Max also long-term campaigned for the preservation of the Yellow Submarine disco and founded a citizens’ initiative that is currently demanding a memorial for the disco at its original site.3

On our way to the old Yellow Submarine site we walk past other landmark pieces of architecture from the 70s. The Fuchsbau, for example, or Tantris and the high-rise behind it. We can only see Orpheus and Eurydice from a distance. Munich in the 70s was marked by the Olympic Games in 72. The future was already through the door and the past should have finally been over. To finally leave behind all the Nazi stuff, leave behind “die Hauptstadt der Bewegung” (“the Capital of the Movement”)4, towards a new, cosmopolitan, modern city. The architecture, too, was to be reflective of this – to be new and accessible, tailored to the most diverse needs and oriented toward democratic ideals.

The city was an important industrial location in post-war Germany and grew insanely fast. There was a shortage of 80’000 apartments and entire districts were being added. Neuperlach, Hasenbergl and Euro-Industriepark were built. The subway network was built (opened October 19, 1971) and the S-Bahn network, including the Stammstreckentunnel. To guarantee completion by the 1972 Olympics, the deadlines of both construction projects were brought forward by years. It seems as if the city was put into a time-lapse mode.

“Radiant Munich” is also what the logo of the 72 Olympic Games tries to convey. It looks like a Siemens star spiralling into itself with an empty centre. In addition to the pictograms and great posters, Otl Aicher, the designer mainly responsible for the design, created a colourful dachshund as a mascot, called the Olympia-Waldi. Together with the designer André Courrèges, Aicher created several uniforms, including a reduced space-age (ish) dirndl and a police uniform dominated by the same light blue which the cute cops match with a sharp-collared white shirt, and no weapon.

Max tells me about the concept of the “leisure society,” which was a great promise of the FRG from the 1960s onwards. Because it was assumed that machines would take over people’s work in the future, more and more time would be freed up for activities that were not determined by work. All people would live in prosperity. For this coming leisure society, places had to be created where all the free time and money could be spent.

The shopping and entertainment center Schwabylon was built precisely for this purpose, the design of a leisure city initiated by the real estate entrepreneur Otto Schnitzenbaumer and financed with the help of 5500 investors from Hessische Landesbank. On a 52,000-square-meter wasteland north of Münchner Freiheit, a building was to be erected for the fun society of the future, “which will offer modern man an artificial living space and enable leisure as a frivolous, all-encompassing activity.”5 SCHWABYLON was written in capital letters on the futuristic, pyramid-like, windowless building, whose entire facade was painted with a gigantic orange-red-yellow-black sun. “Here, the functionality of architecture is undermined and humanised by an overarching artistic intervention”, announced architect Justus Dahinden. It was often mentioned that there were no stairs within the buildings – the future is barrier-free! I can walk or roll on ramps to offices, apartments and studios, a hundred stores, twelve restaurants, a beer garden, an amusement arcade, a solarium, a heated swimming pool, and right next door, an ice skating rink, sauna and Roman spa, cafes, a gallery, a marketplace for fashion shows, boxing matches, concerts, flea markets, children’s playgrounds, an experimental theatre, an arcade, gymnasium, and artificially tempered tropical gardens. Make a wish and experience the fulfilment!

Schwabylon is a portmanteau of Schwabing and Babylon. A bit of stupid humour, I think. The term goes back to the novel Schwabylon oder Der sturmfreie Junggeselle (1921) by the satirist Roda Roda (Sandor Friedrich Rosenfeld, 1872-1945). The term connects Schwabing, the artists’ and bohemian district that supposedly existed in Munich long before my time and which is used here over and over again, mostly for marketing purposes, and Babylon, the biblical city that was spoken of as a place of excess and megalomaniac tendencies whose story culminates and ends with the erection of the Tower of Babel.

The leisure city also included an apartment building with 800 residential units, an office centre, a medical centre, and the Holiday Inn with 600 or 700 beds and 1000 congress places and 1200 parking spaces, a catwalk, a simultaneous translation facility and and and. All highly modern. A connecting passageway led from there to the Yellow Submarine, the “Haifischdisko” (shark disco) located in a water tank and designed to look like the interior of a submarine. In front of the windows swam 30 or 36 or 40 sharks, flown in specifically from Miami. It’s said that because the paint in the tank was not yet dry, the sharks were stored in tubs in the underground garage. Elsewhere I also read about giant turtles which are not mentioned very often. The animals swam in 650,000 litres of seawater and consumed 500 DM of food per day. All this would not have been possible today. On many levels.

And even back then it only lasted a short time. In Schwabylon, the first shopkeepers quit very quickly due to a lack in sales. After a year, most of the stores were empty and the lights on the upper floors turned off. When little Mirko Hecktor7 was able to persuade his parents to go into the thing that had the huge sun on it, according to him there were only a few “bums and hippies” lying around and sleeping. I actually think of this as the “truest” version of Schwabylon. Still brand new and already abandoned, the stores empty, the lights only sporadically on, no shopping, just sleeping on the soft carpets of the 1970s, in the windowless belly of the setting sun of the leisure society. Fourteen months after the opening, the shopping mall finally closed. The project had indeed failed as spectacularly as it had been conceived. With nostalgic glorification, it is sometimes said that it was simply too avant-garde for the people of Munich. But for once, that was probably not the decisive reason something wasn’t successful in Munich. From the very beginning, the entrepreneurial dream was as glossy as its façade: the calculations were probably not correct. In 1974 Otto Schnitzenbaumer left the sinking pyramid just in time and the investors of Hessische Landesbank felt cheated. The dubious involvement of Hessische Landesbank in this and other speculative real estate projects eventually led to the resignation of Albert Osswald in 1976, then Prime Minister of Hesse (SPD) and Chairman of the Board of Directors of the Landesbank.8 Just a few years later, in 1979, Schwabylon was, embarrassingly, torn down again.

Now, just on the next plot, is Schwabinger Tor, a contemporary vision of a future urban environment developed by the real estate company Jost Hurler Gruppe. Between 2013 and 2019, a total of nine buildings were constructed on the 42’000-square-meter site, housing 21’000 square meters of office space, 7’400 square meters for retail and restaurants, 210 apartments9, six artists’ studios, as well as a luxury hotel with 277 rooms, spa, congress area and “Munich’s highest rooftop bar.”10

The whole area is car-free, vehicles can be parked in several underground garages under the site. The surface space is used for a weekly market, “Munich’s only private tram stop”11, and playgrounds. Artworks from the Schwabing Bohème are referenced throughout the design of the area. The tram square is paved with different textures and irregular lines, modelled after a painting by Paul Klee, but without any of its colourfulness. The Gray Rider. The arrangement of the hedges near the playground at the southern end of the neighbourhood is also based on the formal language of a colour study by Wassily Kandinsky. Such references to the Schwabing Bohème, as well as the name Schwabinger Tor itself, are an attempt to give the complex a bit more cultural history and inner-city flair than its geographical location would allow on its own.12

“The Schwabinger Tor is inspired by a special attitude towards life: Built on the leitmotif ‘Talents. Share. Tolerance.’ The sharing idea is lived in many facets. ‘Sharing’ is becoming the new ethic in consumer behaviour and will permanently change our habits – both private and professional. Schwabinger Tor is already providing a place for this social development. Here, residents and visitors alike meet like-minded people who want to live the responsible way of sharing together with them.”13

That already sounds very different to Schwabylon. Here, sharing refers to services such as co-working spaces, car and bike sharing or a neighbourhood app that residents can use to chat to each other, make inquiries to the property management or download the house rules.
Jost Hurler Group is very keen to refute the accusation that Schwabinger Tor is yet another drearily, gentrifying luxury development. It is not about maximising profits as efficiently as possible, but about long-term, responsible property management.14 The company headquarters are located at Schwabinger Tor and Jost Hurler Group also takes care of renting out the apartments and commercial space. With this policy they aim to prevent vacancies and, with time, to come closer to the ideal of a lively, future-oriented urban quarter, anchored in the company’s philosophy.15

Of the 210 apartments, 32 are considered social housing according to the Income-Oriented Subsidy16 or Munich Model17, meeting the legal minimum requirement of 15%.18 The website states that “diversity and a mixing of different people”19 was taken into account in the design of the living spaces. If I understand correctly, this includes different price levels. However, I can’t find any information about the ratio of luxury apartments to other apartments that have been created here in accordance with the rent index (or maybe even below?) independent from social housing programs. In any case, the cold rent for the six apartments currently posted on Immoscout lies between 27 and 33 euros per square meter.20 Among the neighbourhood shops, I see a bakery, a supermarket and a drugstore, as well as rather higher-priced stores: a bridal boutique, showrooms of major fashion brands, a virtual reality escape room, dental splints from a 3D printer (available with a monthly membership plan) and a spinning studio (660 euros for the three-month membership). There are also several fine dining restaurants that pride themselves on holding up the values of urbanity and sharing. In one of the cafés on the lower end of the price spectrum, a “refreshingly designed deli restaurant,” 21 I get baked potatoes from the microwave while walking through the neighbourhood.

Sharing is also about networking, sustainability, diversity and innovation: simply a new urbanity. In order to reify this ideal, the podcast series Das Tor zur urbanen Zukunft (Gateway to the Urban Future) was published from 2020 to 2021, in which professionals from the fields of architecture, local politics, urban planning, business, science and culture contribute various perspectives on the future of urban spaces using the concrete example of Schwabinger Tor and beyond. One episode features journalist Nicole Graner who has lived near the area since childhood. She talks about how Schwabinger Tor created pedestrian-friendly connecting paths between the neighbourhoods to the east and west of Leopoldstraße which had previously been separated by an industrial corridor. She also mentions that since the redesign, a stream called Schwabinger Bach, once again, runs above ground through a green space, creating a place that can be used without pressure to consume. Nevertheless, Schwabinger Tor would attract a mainly wealthy clientele, “I now very often see very nice cars parked on my street, too.”22 To save money on the parking garage, the Lambo gets parked on the streets of the surrounding neighbourhoods while its owners fine dine in the car-free quarter of the future. An oasis to take your breath away. An island of joie de vivre.

Okay,
lol :)

But it’s also a fact that with every new luxury building project, my fear grows that I won’t be able to live in this city much longer, that I won’t be able to afford it. Everything becomes hyper-emotional because it’s existential. My brain fries and my fingers type the most furious, or depending on the perspective, the most cynical, and either way very dystopian speculations of a future urban society, into the computer. Hypercapitalism, with increasing social inequality, meets the climate crisis, meets an increasingly militarised, increasingly authoritarian and increasingly nationalised state. I try to stay calm, try to take a deep breath, try to have a lot of trust in my fellow human beings, especially those I don’t know personally. I rebuild, again and again, trusting in the defensibility and learning ability of democracy. I talk and dance with strangers, watch cute animal videos, go to the forest, lie by the river in the sun, and turn off my mobile phone. Later I delete these paragraphs in the text again. Every time. But the fear remains. Emotional, because it’s an existential threat – rational, irrational, it doesn’t matter – the fear stays, just sleeping or hiding. What will I do if I can no longer afford my apartment? Because rents continue to rise and wages continue to not rise at all?

Here in this area of North Schwabing, I am interested in the visions of the future formulated over decades as well as their material traces. These conceptions of the future tell me more about the respective present, about the respective present’s problems and desires, than about a new future. In terms of urban development, the proposed futures have always been accompanied by the desire for improvement. Not only better returns, but also, very explicitly, a better life, the good life even. The spectacular decadence of the leisure city, pretentiously claiming that everyone can participate and that even animal cruelty should first and foremost be fun, has been rapidly consumed and given way to a hellish hangover. Today, as end of the world disillusionment spreads, people no longer allow themselves such excess, at least not in public. That doesn’t mean that we don’t indulge ourselves from time to time, but pleasure is sought in the useful and every luxury must be ethical.
Nevertheless, the designs of Schwabinger Tor and the leisure city overlap. After all, even if their narratives present them differently, both are or were entrepreneurial real estate projects. The expensive, utopian fantasies must therefore subordinate themselves to the capitalist logic of efficiency and profit margins. The consumer-exempt spaces in Schwabylon were clipped in the planning stages so additional retail space could be rented out. Because the standards of the apartments in Schwabinger Tor exceed the legal requirements for social housing, building more than the prescribed quota was not financially worthwhile from a commercial perspective.23

North of Schwabinger Tor, an apartment tower stands high in the sky, left over from the Schwabylon era. In keeping with the ideal of the open city, the entrance door is unlocked. I enter the building and take the elevator all the way up to the 20th or 80th or, for all I care, 3000th floor. Through a window at each end of the corridor, I am able to look in every direction, over the whole city. I step out onto a small communal balcony. There is a small plastic table that has been scribbled all over with a sharpie. An ashtray stands on top. Grey fog, car headlights, traffic lights, houses and streets in the rain. An infinite Schwabing World, spreading in all directions. The present rasterised by a pigeon net. Or is it a spacey fluorescent pink grid? Bright stars flash, this is the sound of the future, das ist die moderne city of the future –
My name is Ruine München /
But everybody calls me: Ruine
~~. ~ ~ ~ ~. ~


In the far distance, over the horizon, the earth orbits like a moon, fragile and gentle, in a blue-green glow against a black void. Down on the street, silver dorsal fins cut through the grey, foggy sea of cobblestone. Their shadows glide over the bubbly Kandinsky quotes and shy Klee formations. 30, 36, or 40 ghost sharks, elegant, grey and silent, hard to make out. Warm, soft synth waves of a bygone future.

„The sun machine is coming down /
And we’re gonna have a party /
The sun machine is coming down /
And we’re gonna have a party /
The sun machine is coming down“
24


(Ruine München, July 2023)


1 Advertising text for Schwabylon quoted from: Benedikt Mahler and Sophia Glasl, Die Ruinenbaumeister. Verwehte Luftschlösser und zerstörte Superbauten, in: Bayerisches Feuilleton, Munich: Bayern 2 (04.06.2021). https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/bayerisches-feuilleton/die-ruinenbaumeister-verwehte-luftschloesser-und-zerstoerte-traeume104.html [Last accessed 29.08.23].

2 https://www.stadtfuehrer-max.de/ [Last accessed 29.08.23].

3 The monument should ideally be realised in the form of a socio-cultural centre, as a space of a “culture from below, culture for all”. www.facebook.com/yellow.sub.muenchen Entry from 15.06.2023, as well as for general info on the initiative: www.yellowsub.dance [Last accessed on 29.08.23].

4 “Adolf Hitler conferred the title ‘Capital of the Movement’ on Munich in August 1935. As the place where the Nazi Party was founded and where Hitler’s failed putsch took place in 1923, Munich was to remain a key component of the Party myth as well as the seat of the Nazi movement. The NSDAP headquarters were located in the ‘Brown House’ on Brienner Straße. They formed the nucleus of the new power center that emerged after 1933 on and around Munich’s Königsplatz.” https://www.nsdoku.de/en/groups/educational-program/the-capital-of-the-movement (Last accessed 6.9.23)

5 Mahler und Glasl, Die Ruinenbaumeister. Podcast episode, Bayerisches Feuilleton, 2021.

6 Reinhard Bauer, Schwabylon, Schwabing im Wandel der Zeit, Olching: WIKOMmedia Verlag für Kommunale- und Wirtschaftsmedien GmbH, 2019, page 96.

7 Author, editor, DJ, music producer, choreographer, former ballet dancer, local celebrity.

8 c/o now, Rollerball Bavaria oder Vom Pflug zum Haifischbecken zur Hochpräzisions-Produktionsstraße der Strauß-Moderne, in: Stephan Trüby, Verena Hartbaum, University of Looking Good, c/o now (ed.), Bayern, München – 100 Jahre Freistaat. Eine Raumverfälschung, Paderborn: Wilhelm Fink Verlag (2019), page 242.

9 Kathrin Schirmer, Jost Hurler Gruppe – das Schwabinger Tor, Reinhard Bauer (ed.), Schwabing im Wandel der Zeit, Olching: WIKOMmedia Verlag für Kommunale- und Wirtschaftsmedien GmbH (2019), page 106 – 107.

10 https://www.hyatt.com/andaz/de-DE/mucaz-andaz-munich-schwabinger-tor [Last accessed 23.08.2023].

11 https://www.jost-hurler.de/de/taetigkeitsfelder/urban-spaces.html [Last accessed 28.08.2023].

12 The historic Schwabing Gate from the second medieval city wall was located about 3.5 kilometres further south, roughly where Feldherrnhalle stands today. It was demolished in 1817 on the orders of Ludwig I to make room for the Odeonsplatz complex including Ludwigstraße, designed by Leo von Klenze. https://de.wikipedia.org/wiki/Schwabinger_Tor [Last accessed 24.08.23].

13 https://www.schwabinger-tor.de/we-are/sharing/ [Last accessed 29.08.23].

14 https://www.jost-hurler.de/de/taetigkeitsfelder/urban-spaces.html [Last accessed 28.08.23].

15 Stefan Mühleisen, Wir wollen keine Monokultur, in Süddeutsche Zeitung, local news in Schwabing West (29.08.2016), https://www.sueddeutsche.de/muenchen/schwabing-wir-wollen-keine-monokultur-1.3140155 [Last accessed 29.08.2023].

16 “The promotion of rental housing in the state EOF consists of two loans and various subsidies for the developers as well as an ongoing, income-dependent subsidy to relieve the housing costs for beneficiary households. Applicants usually have a 40-year occupancy commitment, with the possibility of an extension for expiring occupancy commitments.” https://stadt.muenchen.de/dam/jcr:41e938d2-c5b7-4969-8e74-be12ff618040/2023_EOF_Infoblatt%20Stand%2005.05.2023.pdf [Last accessed 24.08.23].

17 “Munich is one of the most expensive cities in Germany. That is why the City of Munich has launched the municipal subsidy programme ‘Munich Model’ to create affordable housing for middle-income households. München Model flats cost more than state-subsidised flats (‘social housing’), but are cheaper than flats on the open rental market.” https://stadt.muenchen.de/service/info/soziale-wohnraumversorgung/1080518/ [Last accessed 24.08.23].

18 The commercial areas are not included in the calculation.

19 https://www.schwabinger-tor.de/location/wohnen/ [Last accessed 28.08.23].

20 https://www.immobilienscout24.de/anbieter/profil/quartier-acht-exklusive-immobilien/quartier-acht-exklusive-immobilien [Last accessed 24.08.23].

21 https://www.schwabinger-tor.de/locations/cafe-m/ [Last accessed 28.08.23].

22 https://www.schwabinger-tor.de/podcast/ [Last accessed 28.08.23].

23 Stefan Mühleisen, Wir wollen keine Monokultur, in Süddeutsche Zeitung, local news in Schwabing West (29.08.2016), https://www.sueddeutsche.de/muenchen/schwabing-wir-wollen-keine-monokultur-1.3140155 [Last accessed 29.08.2023].

24 David Bowie, Memory of a Free Festival (1969/2015), https://www.youtube.com/watch?v=SVF8V4VKSX8, [Last accessed 29.08.23].

  back to Ruine München Companions page